Voller Vorfreude werden Urlaube und Reiseziele bereits Monate im Voraus gebucht. Aus Praktikabilitätsgründen und da ein umfassender Vergleich von Angeboten im Internet am einfachsten von statten geht, buchen Millionen von Menschen ihre Reisen im Internet.
Doch was gilt für den Fall, dass man die Reise und den Flug nicht antreten möchte? Sich vom Vertrag zu lösen, erscheint da gar nicht so einfach.
Auf Internetseiten vieler Reiseveranstalter sind schließlich Standardfloskeln wie „Ein Widerruf ist ausgeschlossen“ vorzufinden. Ob dies der Wahrheit entspricht, wie es um die eigenen Rechte und die Kostenrückerstattung steht, können Sie nachfolgend lesen. In den meisten Fällen ist es hilfreich einen Anwalt zu beauftragen, um die Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft geltend zu machen. Private Anschreiben werden oft ignoriert und ein spezialisierter Anwalt für Reiserecht hat die Erfahrung, wie Ansprüche effektiv geltend gemacht werden.
Wie jeder Vertrag kommt auch der Reisevertrag durch Angebot und Annahme zustande, §§145 ff. BGB. Im Internet ausgestellte Inserate stellen in der Regel noch kein rechtlich verbindliches Angebot dar. Vielmehr gibt der Kunde das Angebot ab und gibt zu verstehen, dass er sich rechtlich binden will. Sodann ergeht spätestens mit der Reisebestätigung durch den Reiseveranstalter die verbindliche Annahme. Ab dann gilt der Reisevertrag mit den entsprechenden Konditionen als geschlossen.
Die Frage, ab wann man seine Reise „begonnen“ hat, ist insbesondere im Rahmen der Stornierung wichtig. Diese ist nämlich nur zwischen Buchung und Reisebeginn möglich. Für den Fall, dass man eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen hat, kann man hierbei beruhigt sein.
Auch wenn man bereits online eingecheckt hat, gilt die Reise als noch nicht angetreten und eine Stornierung, samt Kostenrückerstattung, bleibt möglich. Die Reise gilt nämlich erst als begonnen, wenn Leistungen erbracht werden, die unmittelbar mit der Beförderung zusammenhängen, so z.B. die Gepäckabgabe (AG München, Urt. v. 30.10.2013, 171 C 18960/13).
Dass ein Dritter für einen die Reise antreten kann, ist gesetzlich in §651b Abs.1 BGB geregelt. Eine
„Umbuchung“ vor Reisebeginn muss daher vom Reiseveranstalter erlaubt sein. Hiergegen darf er sich nur aussprechen, wenn der Dritte besonderen Reiseerfordernissen nicht genügt oder seiner Teilnahme gesetzliche Vorschriften bzw. behördliche Anordnungen entgegenstehen.
Wichtig zu beachten ist, dass man zusammen mit dem neu eingetretenen Dritten für den
Reisepreis sowie die durch den Eintritt entstandenen Mehrkosten gegenüber dem Reiseveranstalter einstehen muss, §651b Abs.2 BGB. Dies darf nicht unterschätzt werden. Denn der BGH entschied, dass unter „Mehrkosten“ nicht nur die für die Umbuchung entstandenen Verwaltungskosten zu verstehen sind, sondern auch solche Kosten, die sich aus dem neu zu gestaltenden Beförderungsvertrag des jeweiligen Flugunternehmens ergeben (BGH, Urt. v. 27.09.2016 – X ZR 107/15).
– Im Reiserecht gilt: Kein Widerruf bei dieser Vertragsart.
Der Ausschluss des Widerrufsrechts gilt generell für Verträge über Reiseleistungen (§312 Abs.2 Nr.4 BGB) und auch speziell für Verbraucher, die ihren Reisevertrag über das Internet schließen (§312g Abs. 2 Nr.9 BGB). Diese Ausnahme wurde deshalb gesetzlich eingeführt, da die Leistungen einer Reise, wie die Beförderung und Unterbringung, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt zu erbringen sind. Das Verlustrisiko wäre bei Bestehen des regulären Widerrufsrechts für Verbraucher i.S.d. §§312 ff. BGB seitens des Veranstalters daher unzumutbar hoch. Außerdem sei der Reisende mit den besonderen Regelungen zum Reiserecht (§§651a BGB ff.) ausreichend geschützt. „Widerruf“ bedeutet daher rechtlich übersetzt „Stornierung“ und es sind die anfallenden Mehrkosten zu zahlen (AG Idstein, Urt. v. 28.11.2013 – 31 C 201/13 (23)).
– „Stornierung“ bedeutet im Reiserecht: „jederzeitiger Rücktritt vor Reisebeginn“.
Dies ist in §651 i BGB geregelt. Als Rechtsfolge verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den Reisepreis (§651 i Abs.2 S.1 BGB). Bereits getätigte Zahlungen sind demnach zurück zu gewähren (§346 Abs.1 BGB).
Um den oben genannten Problemen entgegenzutreten, die bei einem Widerrufsrecht entstünden, sieht das Gesetz einen Entschädigungsanspruch seitens des Veranstalters vor. Dieser bemisst sich nach dem Reisepreis, unter Abzug des Wertes der ersparten Aufwendungen sowie dessen, was er durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen erwerben kann, § 651 i Abs.2 S.3 BGB. Gleichzeitig hat er die Möglichkeit, eine „Stornopauschale“ vertraglich zu vereinbaren, § 651 i Abs.3 BGB. Schauen Sie sich die AGB diesbezüglich genau an. Zum einen sind zu hoch angesetzte Pauschalen als unwirksam zu erachten. Zum anderen müssen Stornogebühren in einem angemessenen Verhältnis zum Reisepreis stehen und es darf keine unabhängige Entschädigungssumme verlangt werden.
So wurde vom BGH eine Einstiegspauschale von 40%, welche auch bei Stornierungen Monate vor Reisebeginn anfallen würde, als deutlich überhöht angesehen. Im Zweifel muss der Reiseveranstalter darlegen können, wie die Höhe und Unterschiede in den einzelnen Pauschalen zustande kommen (BGH, Urt. v. 9. Dezember 2014 – X ZR 85/12).
Wie oben dargelegt, wäre spätestens ab dem Zeitpunkt des Erhalts der Reisebestätigung ein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Unterlag der Veranstalter hinsichtlich des ausgestellten Preises einem Irrtum, müsste er sich auf einen Anfechtungsgrund berufen können (§§119 ff. BGB). Hierbei käme unter gewissen Voraussetzungen ein Erklärungsirrtum i.S.d. § 119 Abs.1 Alt.2 BGB in Betracht und die Anfechtung müsste unverzüglich, nach Feststellung des Irrtums, erfolgen (§121 BGB).
Anfechtung hin oder her, sollte der Preis lediglich 30% oder gar weniger des regulären Preises betragen, sieht die Rechtsprechung in der Erfüllung des Reisevertrages einen Rechtsmissbrauch (AG München, Urt. v. 04.11.2009 – 163 C 6277/09). Aus einem Umkehrschluss lässt sich feststellen, sollte er nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum regulären Preis stehen, wäre die Durchsetzung des Anspruchs auf Vertragserfüllung nicht als aussichtslos zu erachten.
Um hierbei Unsicherheiten zu vermeiden und dem stets wichtigsten Aspekt der Einzelfallbetrachtung ausreichend Rechnung zu tragen, die richtige Art sowie Höhe des Anspruchs/ der Ansprüche zu ermitteln, ist kompetente anwaltliche Hilfe zu Rate zu ziehen.